Veränderung ist eine Frage des Inneren Standpunkts

Veränderung und Veränderungsfähigkeit ist keine Frage allein des Managements. Es hängt auch davon ab mit welcher Einstellung wir als Menschen daran gehen. Es hängt davon ab, ob wir in der Lage sind, Situationen zu verstehen und Dynamiken wahrzunehmen. Das ist keine Sache von Daten Statistiken und Berechnungen. Sondern es ist eine Fähigkeit, die mit Empathie, Erfahrung und Intuition zu tun hat.

Unsere Gesellschaft und Unternehmen, leben heute in Zeiten ständiger Veränderung. Veränderungen können evolutionär sein oder disruptiv. Egal was von beiden der Fall ist: In beiden Situationen kündigen sich Veränderungen immer vorher an. Wenn wir diese Veränderungen gestalten wollen, dann müssen wir in der Lage sein, die Zeichen der Veränderung rechtzeitig zu erkennen. Wir müssen auch in der Lage sein, schnell und sicher und robust, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei helfen uns natürlich Informationen und dabei helfen uns auch digitale Systeme und Künstliche Intelligenz. Denn digitale Systeme und Künstliche Intelligenz sind sehr gut darin, auf Basis von Daten Analysen und Prognosen zu erstellen. In stabilen Umwelten, können wir uns auch sehr gut auf diese Analysen und Prognosen verlassen. Doch in den meisten Fällen ist die Umwelt eben nicht stabil und die Situation ist sehr komplex und extrem unübersichtlich. Da können uns digitale Systeme und Künstliche Intelligenz Anhaltspunkte und Orientierung liefern, aber keine wirkliche Antwort auf die Frage, was wir tun sollten und wie wir die Veränderung gestalten sollten. Hier sind andere Fähigkeiten und Kompetenzen gefragt. Es geht um Erfahrung, um komplexes Verstehen und um Intuition.

Eine andere Art des Managements

Innovation, egal ob evolutionär oder disruptiv, geschieht immer dann, wenn verschiedene Kräfte, die sozusagen ziehen und drücken, sich vereinen. Diese Herausforderungen können Menschen spüren. Allerdings nicht allein oder hauptsächlich durch rationale Analyse, sondern durch eine Art der internen Resonanz und des inneren Widerhalls, die sich durch ein Gefühl der Rastlosigkeit und der gespannten Aufmerksamkeit manifestieren. Da es sich hier um eine primär unbewusste Wahrnehmung dreht, kommt es also in erster Linie und im ersten Schritt darauf an, sich dieses Gefühl bewusst zu machen und diese Erkenntnis auch bewusst zu reflektieren. Das ist schon die erste Herausforderung. Denn wir sind es gewohnt, auf Basis von Zahlen Daten und Fakten unsere Analysen zu machen und uns unsere Meinung zu bilden. Wenn wir also hier unserer inneren Wahrnehmung folgen und uns auf unser Gefühl, unser Bauchgefühl, verlassen, dann ist das eine andere Art des Managements. Es ist eine Art des Managements, die eine "emerging future" bewusst antizipieren und integrieren will, wie es beispielsweise Otto Scharmer beschreibt. Wann und wo immer sich diese Kräfte vereinen und manifestieren, so beschreibt es Scharmer, werden Berge versetzt und die Regeln von Gesellschaften und Märkten neu definiert.

Der Erfolg von Veränderungen und von Neuerungen hängt dabei von der inneren Einstellung und der inneren Kondition der Menschen oder des Menschen ab, die oder der diese Veränderung bewirkt oder bewirken will. Man kann es auch folgendermaßen sagen: Der Erfolg unserer Handlungen als "Change Maker" hängt nicht davon ab, was wir tun oder wie wir es tun, sondern hängt von unserem inneren Standpunkt ab von dem aus wir selbst handeln. Eben dieser Standpunkt, als Basis unserer Handlungen und Entscheidungen, bildet sich aus unserem Erfahrungswissen heraus. Diesen inneren Standpunkt können wir bewusst erreichen, erkennen und nutzen in Zuständen der Immersion, der absoluten und ungestörten Konzentration, im Flow und mit unserer Intuition. Hierbei kann uns keine Künstliche Intelligenz helfen oder unterstützen oder gar diese Aufgabe übernehmen. Und genau hierfür wird es auch nie ausreichend Daten geben, um wirklich umfassende und verlässliche Informationen zu bekommen, auf deren Basis sich rechnerisch und statistisch verlässliche Entscheidungen treffen ließen. Allerdings können wir KI und Daten nutzen, um gezielte Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen, wenn es um ganz bestimmte und ganz genau definierte Aspekte geht. Das Ganze allerdings, können wir nur über unser Erfahrungswissen und unsere Intuition erfassen und verstehen und damit eben genau diesen inneren Standpunkt definieren, der für stabile, robuste und nachhaltige Entscheidungen und Strategien in der Veränderung die absolut notwendige Basis ist.

Grenzgänge in zwei Möglichkeiten

Diese Immersion und dieser Flow und dieses Anzapfen der Intuition bedeutet auch immer einen Grenzgang. Denn wir befinden uns hier, an der Grenze zwischen rationalem Denken und Wollen und unbewusstem Verstehen und Entscheiden. Genau diese Grenze gibt es bei Künstlicher Intelligenz nicht. Der Grund: Künstliche Intelligenz ist immer und nur rational, hat aber keinen eigenen Willen und kein Bewusstsein, geschweige denn unbewusstes Wissen. Das ist eben das, was uns Menschen von Künstlicher Intelligenz unterscheidet. Und genau deswegen ist die richtige Aufgabenteilung zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz so wichtig.

Wie kann nun dieser Grenzgang Aussehen? Es gibt hier zwei Möglichkeiten und Szenarien. Manchmal kann es bedeuten, eine Grenze zu überschreiten und sozusagen von einer Klippe aus dem Bekannten in das Unbekannte zu springen. Manchmal ist es aber auch so, dass es gerade nicht darum geht irgendwo hin zu springen, sondern da zu bleiben und sich zu stellen. Sich dem zu stellen, was sich ankündigt, was also sich manifestieren will. Egal ob Szenario Eins oder Szenario Zwei: In beiden Fällen kommt es darauf an, ein tiefes Vertrauen in die Welt und Wirklichkeit und in sich selbst und das eigene Wissen zu haben. Wohl wissend wiederum, dass dieses Wissen nicht komplett umfassend ist, aber ausreichend, um die wichtigsten Informationen zu verarbeiten, die Komplexität zu reduzieren und damit robuste Entscheidungen zu treffen. Hier kommt es also letztlich auf persönlichen Mut an. Es kommt darauf an, nicht an dem Alten festzuhalten, weil es eine scheinbare Sicherheit vorgaukelt. Sondern es kommt darauf an, genau das Alte im Zweifel loszulassen und sich hinein zu lehnen, in das, was sich Neues manifestieren will. Dabei wissen wir ja nicht genau, was dieses Neue ist. Wir haben nur eine mehr oder weniger diffuse, aber emotional eindeutige Vorstellung davon. Und genau deswegen erfordert es Mut. Denn letztlich kommt das Neue nur mit diesem Mut und durch uns in die Welt. Und damit bringen wir, wie Martin Buber es beschrieben hat, "das Neue so in die Realität, wie es selbst es will."

Diese Momente und Situationen verlangen Mut. Und diese Momente und Situationen verlangen Aufmerksamkeit. Volle Aufmerksamkeit. Es kommt also darüber hinaus auch noch darauf an, diese Momente und Situationen wahrzunehmen und zu erspüren. Wenn also so eine Situation auftritt, dann müssen wir bereit und in der Lage sein, in und mit dieser Situation zu bleiben und uns mit ihr zu verbinden. Und dann, aus dieser Situation im Jetzt zu handeln. Das ist es, was es bedeutet, wenn etwas "so Realität wird, wie es will". Wir können also letztlich die Realität des Neuen nicht trennen, von dem Mut und der Handlungsfähigkeit der Person. Ohne das eine kann es das andere nicht geben. Es lässt sich auch anders ausdrücken: Wenn wir merken, dass ich eine neue Realität ankündigt und wir eine Verbindung dazu spüren, dann müssen wir das als erstes bejahen, es dann tun, und dann fragen, ob es überhaupt möglich ist.