Körpergefühl und Körperbewusstsein sind der Schlüssel zu unserer Intuition
Ein Mangel an Körperlichkeit und körperlicher Anstrengung und Bewegung trägt also zu einem vorher beschriebenen „fixed mindset“ bei Menschen bei beziehungswiese verfestigt dieses. Die klassische Büroarbeit im dauernden Sitzen verhindert Bewegung und befördert Frust und Ängste, also negative Emotionen, welche die menschliche Intuition unterdrücken oder nachträglich negativ überlagern. Die Erfahrung von Bewegung und Energie im eigenen Körper und um den eigenen Körper herum in einer natürlichen Umgebung, trägt dagegen zu einem „growth mindset“ bei, es gibt dem Körper die ständige Rückmeldung der Fähigkeit, mit Herausforderungen umzugehen und sie immer ein Stück besser mit jeder Wiederholung meistern zu können. Körperlichkeit und Bewegung sind eine Form der Nutzung und des Trainings des Unbewussten. Dieses körperliche Selbstbewusstsein, eine auf Wachstum ausgerichtete Grundeinstellung und ein reflektierendes und bestimmendes Selbst (Self Authorship und Metakognition) sind die Voraussetzungen und der Schlüssel zu einem erfolgreichen Training der eigenen Robustheit und der eigenen menschlichen Intuition.
Ängste und Hoffnungen
Zu diesem Training gehört auch, unterscheiden zu können, ob Menschen ihre Intuition erleben und nutzen oder ob sie mit Emotionen zu tun haben. Was die Intuition sehr kompliziert macht, ist, dass sie Hoffnungen und Ängsten sehr ähnlich ist. Diese Überschneidungen oder Überlagerungen der intuitiven Erkenntnis durch Emotionen sind bereits an mehreren Stellen und in unterschiedlichen Kontexten in diesem Buch beschrieben worden. Für das Training der Intuition stellen sich also stets die folgenden Fragen:
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- Wie können wir unterscheiden zwischen dem intuitiven Bewusstsein, dass etwas Schlimmes passieren wird, und unserer Angst, dass dieses Schlimme passieren wird?
- Wie können wir zwischen der Intuition eines glücklichen Ergebnisses und unserer Hoffnung auf ein glückliches Ende unterscheiden?
Eine Sache, die wir tun können, ist zu lernen und zu erleben, unsere Fähigkeit der Intuition zu entwickeln und Intuition zu erkennen, es zu üben und zu testen. Aus diesem Grund sollten Menschen ihre Archaische Intelligenz in allererster Linie in der Natur Trainieren. Es geht darum, sich bewusst nicht in einem Bureau oder einem Seminarraum für diesen Zweck einzuschließen und von der natürlichen Umwelt abzuschotten. Das Lernen und Trainieren der menschlichen Intuition in der Natur ist die einzig sinnvolle Umgebung für den genannten Zweck. Der Grund: Es geht um eine zutiefst natürliche Fähigkeit und Kompetenz.
Die Anforderungen der Natur
Dieser Perspektivwechsel – weg von einem klassischen Arbeits- und Lernumfeld in abgeschlossenen, geschützten und technisch klimatisierten Räumen und Umwelten und hin in eine natürliche und robuste bis raue Umgebung – ist absolut notwendig, um Kreativität freizusetzen und somit auch echte Innovation möglich zu machen. Die Ziele dabei sind:
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- Eindrücke vervielfältigen und vertiefen
- Sinne reizen
- Wahrnehmung schärfen
- Intuition fördern
Das geht nur in einem natürlichen und freien Umfeld konsequent und nachhaltig. Denn die Natur selbst stellt robuste Anforderungen. Die Natur verlangt in diesem Sinne nicht optimale Lösungen, sondern sie verlangt passende Lösungen die stabil funktionieren. Die Natur fragt auch nicht nach Begründungen. Das ist anders als in Organisationen, Gemeinschaften oder in der Gesellschaft. Die Natur fordert stets einfache und klare Entscheidungen. Das ist der „archaische“ Ansatz der „archaische Intelligenz“ trainiert und fördert.
Entscheidungszwänge fördern und fordern Intuition
Diese passenden Lösungen sind dabei immer abhängig von der sich ändernden Umgebung in der Natur. Und sie sind abhängig von der Erfahrung und Expertise des Menschen oder der Gruppe von Menschen, der oder die diese Lösungen entwickeln. Nur in der Natur treffen sich volatile Umfelder, komplexe Zusammenhänge, Entscheidungszwänge mit Kreativität und Intuition. Es geht darum, seine Umwelt wahrzunehmen, zu interpretieren und sinnvolle, wie auch kreative und flexible Lösungen zu finden. Denn Menschen müssen und werden sich zwangsläufig folgende Fragen stellen:
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- Was kann ich in einer gegebenen und agilen Umgebung machen?
- Was kann ich an vorhandenen Dingen wofür gebrauchen?
- Wie kann ich die Gegebenheiten der Umgebung nutzen?
- Welche Rolle spielen die volatilen Umstände?
- Wie gehe ich damit um?
Wichtig ist dabei immer in der Einstellung und der Perspektive diesen Umfeldern und Herausforderungen gegenüber sich bewusst zu werden und zu bleiben: Menschen sind mit ihren Fähigkeiten und Kompetenzen der Natur nicht einfach ausgeliefert, sie sollten keine übersteigerte Angst empfinden müssen, vor Tieren, dem Wetter, eventuellen Unglücken oder anderen möglichen und mehr oder weniger unwahrscheinlichen Ereignissen. Denn Menschen sind Teil der Natur, sie können sich mit ihr verbunden fühlen, die natürliche Umgebung vielschichtig fühlen und sie so verstehen. Und Menschen können diese Umwelt deshalb auch beeinflussen. Genau das gilt auch für komplexe und scheinbar gefährliche Situationen in Märkten, in Gesellschaften und Unternehmen.
Intuition = Attraction
Diese Wahrnehmungen und daraus resultierende intuitive Erkenntnisse und Entscheidungen können Maschinen oder technische Systeme und KI-Systeme schlicht und einfach aufgrund der fehlenden Körperlichkeit und „Natürlichkheit“ niemals leisten. Es ist die eindeutige und exklusive menschliche Domäne in diesem Vergleich. Menschen sollten darum selbst in die Natur gehen, sich ihr aussetzen, um diese Natürlichkeit und diese archaischen Kräfte zu erleben und sie durch Training und Übung als Kompetenz aufzubauen und zu nutzen. Das Training der eigenen archaischen Fähigkeiten und der Aufbau von diesen Kompetenzen befähigt zum bewussten Wahrnehmen der eigenen und ganz individuellen Intuition. Es ist die Übung und der Aufbau von Expertise im intuitiven Entscheiden in archaischen, natürlichen und robusten Situationen und Umgebungen. Die Wahrnehmung gleicht dabei einer Art Lampenfieber vor einem Auftritt: Menschen kennen es, sie sind sich des eigenen Könnens bewusst, doch die Situation ist stets neu und einmalig. Doch Menschen mit ausgebildeten Kompetenzen können sich darauf grundsätzlich verlassen und damit reflektiert umgehen.
Denn Menschen können ihre Intuition erkennen und von Ängsten und Hoffnungen unterscheiden. Intuition ist wie das Begehren oder die Attraktion zu jemandem oder zu etwas. Und diese Anziehung ist keine Wahl, die bewusst getroffen worden ist. Es lässt sich zusammenfassen: Attraction is Not a Choice. Intuition is Not a Choice. Denn Attraktion und Intuition sind beide archaisch. Attraktion ist da, Menschen können sie nicht bewusst erzeugen oder anschalten, Menschen können sie auch nicht bewusst abschalten oder „wegdenken“ oder ersetzen. Das ist der Unterschied zu Hoffnungen und Ängsten. Wir glauben hier nicht. Wir wissen.
Der Sitz der Intuition
Die Intuition sitzt, wie der umgangssprachliche Name treffend sagt, im Bauch, in der körperlichen Front, der körperlichen Mitte. Von dort strahlt die Wahrnehmung aus, so wie das mit der Intuition und Erkenntnis verbundene Körpergefühl eines Strahlens oder Ausstrahlens („Radiance“). Intuition zieht und trägt zugleich. Damit entsteht ein Fokus im Denken, das Wesentliche ist klar, die Komplexität verliert ihren Schrecken. Die vielleicht oftmals zuvor empfundene Angst im Denken verflüchtigt sich und löst sich auf, denn im Moment der intuitiven Erkenntnis sind Menschen genau im Gleichgewicht in der jeweiligen Entscheidungssituation, weswegen die Intuition auch unemotional wahrgenommen wird. Intuition ist weder überschwänglich noch furchteinflößend – Intuition ist. Die Entscheidungssituation ist damit nicht mehr gefährlich, sondern zeichnet vielmehr exakt die Spur vor, die zu gehen ist.
Diese Kompetenz können Menschen nutzen und anwenden - wenn sie es durch Übung (wieder) gelernt haben, ihre Intuition wahrzunehmen und für sich und die Situation richtig einzuordnen und reflektiert zu interpretieren.
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